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Alpines Rissklettern in Chamonix

Der Blick nach unten über den glatten, roten Granit

Freitag, 09. Oktober 2015

Unsere Entscheidung für die diesjährige Unternehmung im Sommer war schnell gefallen: Da Markus noch nie dort war, sollte es nach Chamonix in das Mont Blanc Gebiet gehen. Ich war schon mehrmals dort und konnte mich selbst schon von der guten Qualität und Steilheit der rötlichen Granitfelsen überzeugen, die dort aus dem Gletscher ragen.                                                                                             

Zunächst verbrachten wir zwei Tage am Furkapass in der Schweiz, um uns zu akklimatisieren, da die Klettertouren sich in Chamonix in einer Höhe zwischen 3500 und 4000 Höhenmetern abspielen. Angekommen in Chamonix wollten wir zunächst eine Tour an den Envers des Aiguilles machen. Die “Subtilités Dülfériennes” versprach Risskletterei bis zu einer Schwierigkeit von 7- und das ohne jegliche Haken auf 15 Seillängen. Obwohl die klettertechnischen Schwierigkeiten damit nicht so hoch waren, ist das Anbringen einer mobile Absicherung aus Schlingen, Keilen, und Friends doch sehr anspruchsvoll. Da auf der Envers-Hütte kein Platz mehr war, mussten wir mit unserem Schlafsäcken draußen übernachten. Dieses bedeutete leider noch schwerere Rucksäcke auf dem anstrengenden drei-stündigen Zustieg, der teilweise über einen Gletscher, das Mer de Glace, und über senkrechte Leitern führte. Am nächsten Morgen war der Zustieg dafür sehr kurz und wir konnten erholt in die Tour starten. Wegen den fehlenden Haken und der größere der Felswand war die Orientierung teilweise schwer. Im Mittelteil verstiegen wir uns für zwei Seillängen, konnten aber wieder auf die eigentlich Tour zurückfinden in. Kurz nach Mittag erreichten wir im strahlenden Sonnenschein und überragendem Blick auf die Gletscherlandschaft um die Aiguille Verte und den Grandes Jorasses den Gipfel der kleinen Felsnadel. Jetzt schnell abseilen, damit wir die letzte Bahn ins Tal erwischen und somit kein zweites Biwak machen müssen. Obwohl das Seil beim Abseilen einmal hängen bleibt kommen wir wieder schnell an den Wandfuß zurück. Der Rucksack ist schnell gepackt und beflügelt von der traumhaften Tour sind wir zügig unterwegs auf dem langen Abstieg und kommen gerade rechtzeitig zur letzten Bahn an.

 

Nachdem wir einen Tag im strömenden Regen auf dem Campingplatz verbracht haben, zeichnete sich ein zwei Tage langes Schönwetterfenster ab. Da wir uns gut akklimatisiert fühlen, ist es nun endlich an der Zeit unser größtes Ziel anzugehen: Die Tour “Voyage Selon Gulliver” am Grand Capucin (3868m), eine beeindruckend steile Granitnadel die 500m hoch aus dem Géant-Gletscher ragt. Die Tour selbst wird oft als eine der besten extremen Freiklettertouren in den Alpen gehandelt. Und die Fakten sprechen klar dafür: Bei Schwierigkeiten bis 8+ muss die  Absicherung meist selbst angebracht werden und dies alles auf fast 4000m Höhe. Zum Glück kann man mit der Gondel bis auf die Aiguille du Midi fahren und von dort aus in guten zwei Stunden an den Fuß des Grand Capucin laufen. Damit wir genug Zeit haben, wollen wir am Vortrag dort im Zelt biwakieren und bei erstem Tageslicht starten.

 

Gesagt, getan. Wir fahren morgens mit der Bahn hoch, da wir auf dem Weg zum Capucin noch die “Contamine” am Pointe Lachenal klettern (8 SL, 7-) . Auch wenn die Schwierigkeiten hier nicht so hoch lagen, waren wir nicht weniger begeistert von den tollen Rissen. Am Nachmittag ging es dann weiter über den spaltendurchzogenen Gletscher zu unserem Biwakplatz. Dort wurde des Zelt aufgebaut, das Fertigessen mit etwas Tee heruntergespült und dann ging es auch schon in den Schlafsack. Am nächsten Tag um 6 Uhr waren wir dann schon unterwegs und zusammen mit den ersten Sonnenstrahlen ging es über den Bergschrund. Bald sind wir über einfache Seillängen auf dem Bonatti-Band angekommen, von dem die eigentliche Tour startet. Vom Band weg war der rötliche Granit extrem kompakt, überhängend und nur von wenigen Rissen und vielen Dächern durchzogen. Es war schon etwas unglaublich, dass wir hier durchklettern wollten. Aber wir starteten sehr motiviert. Jede Seillänge war anstrengend, aber wir kamen stetig voran. Um kurz nach Mittag standen wir überglücklich auf dem kleinen Felskopf. Dann ging es sehr steil und teilweise frei hängend abseilend  zurück auf den Gletscher. Da wir so schnell waren schaffen wir es auch noch zurück zur Gondel und kommen direkt zurück ins Tal nach Chamonix.

Bericht und Bilder: Thomas Dauser; Tourenpartner Markus Wittman ist in der Sektion Eichstätt als Fachübungsleiter in der Sparte Klettern tätig.

Schwer bepackt auf dem Weg zur Envers-Hütte. Im Hintergrund leuchtet der Dent du Geant im Abendlicht.Vor unserem Biwak am Fuße des Grand Capucin mit dem Mont Blanc im HintergrundMarkus im Mittelteil des Grand Capucin unter den beeindruckenden DächernDer Blick nach unten über den glatten, roten GranitAm Gipfel des Grand CapucinRiesige Gletscherspalten im ZustiegDie schlanke und 500 Meter hohe Felsnadel des Grand Capucin, durch dessen linken Teil die “Voyage” verläuft.
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