• Blick ins Karwendeltal

Piz Buin und Dreiländerspitze

Samstag, 03. Juli 2021 - Dienstag, 06. Juli 2021

Piz Buin und Dreiländerspitze

Es ist Samstag, 3. Juli 2021, 4 Uhr, die diesjährige Hochtour in die Silvretta steht endlich an. Gemeinsam mit Flo, Stephan, Sabine, Carola und Norbert starten wir im DAV-Bus Richtung Silvretta-Stausee ins Abenteuer Piz Buin. Kurz strecken, ins Wanderoutfit werfen und los geht’s zur Wiesbadener Hütte. Vorbei am Stausee zu unserer Rechten entscheiden wir uns für den Zustieg zur Hütte über einen etwas alpineren Weg als den befestigten Forstweg. Oben angekommen gibt’s erst einmal eine Brotzeit und beim verdienten Bier besprechen wir das weitere Vorgehen der nächsten Tage. Die Wetterlage, eines der entscheidenden Kriterien, scheint uns bereits für den morgigen Sonntag den Piz Buin zu ermöglichen – juhu. Also entschließen wir uns kurzerhand nach dem Mittagssnack zu einer kleinen Exkursion Richtung Ochsentaler Gletscher, um den Zustieg für Sonntag zu erkunden. Mit leichtem Gepäck geht es bereits kurz nach der Hütte in schmalen Steigspuren Richtung Gletscherbach, über welchen nur ein schmales Brettl führt. Stephan macht den Anfang und steht mit der Fotokamera bereit, um per Schnappschuss unsere Gesichter beim Bachqueren einzufangen – so ein Schuft. Auf dem weiteren Weg queren wir den Bach noch einige Male ebenso wie die doch ziemlich steilen und abschüssigen Schneefelder. Angekommen am Gletschertor werden wir uns wieder einmal der mächtigen Naturgewalten bewusst, wirklich beeindruckend! Nachdem wir uns Kenntnis über den Zustieg verschafft haben, sitzen wir ein paar Stunden später in gemütlicher Runde beim Abendessen auf der Hütte und vereinbaren 5 Uhr als Startpunkt der herausforderden Tour. Es ist Sonntag, 4. Juli 2021, 4 Uhr (Déjà-vu), und es geht los. Um fünf vor 5 Uhr checken wir noch kurz das Equipment, bevor wir in der aufgehenden Sonne routinemäßig Richtung Gletscher unterwegs sind. Nun stehen das Anlegen der Ausrüstung (Helm, Gurt und Steigeisen) und das Einbinden in die Seilschaften an. Wir gehen in zwei Seilschaften, geführt von Stephan und Norbert. Über etwas steilere Anstiege geht es den Ochsentaler Gletscher hinauf Richtung Buin Piz Buin und Dreiländerspitze Hochtour in der Silvretta Lücke. Der Marsch über den Gletscher ist stets einzigartig, anstrengend und wortkarg, was an der mangelnden Kondition oder dem fordernden Gelände liegen könnte. An der Buinlücke liegt der Kleine Piz Buin zu unserer Rechten und unser Ziel, der Große, türmt sich direkt vor uns auf. Wir legen die Steigeisen ab und steigen am Seil eingebunden über Schutt und Blockwerk am Grat entlang zum Gipfel hinauf. Auf dem Weg dorthin sichern wir die Schlüsselstelle (Kamin) mit dem Seil im Bohrhaken ab und dann sind wir auch schon fast am Gipfel. An einer einfachen Stelle verliere ich kurz den Halt und bremse mit dem linken Schienbein am Fels auf Null. Norbert und Sabine wollen sofort sehen, wie es ausschaut, und zum Glück ist außer etwas Blut nichts zu sehen. Weiter geht’s zum Gipfel des Großen Piz Buin auf 3312 Metern, wo wir alle zusammen gemütlich Brotzeit machen und uns uns über den gelungenen Aufstieg freuen. Gipfelfotos werden eingesammelt, bevor wir uns zurück zur Hütte aufmachen. Mittlerweile ist es ca. 13:30 Uhr, wir genießen auf der Terrasse Brotzeit und erfrischende Getränke und freuen uns über die erfolgreiche Tour. Abends entscheide ich, dass ich den nächsten Tag auf der Hütte verbringe, weshalb Flo den Bericht mit der Besteigung der Dreiländerspitze fortsetzen wird. Wir starteten mit einem gemütlichen Frühstück in den Montag, 5. Juli 2021. Bei bestem Hochtourenwetter gingen wir gegen 7 Uhr langsam, aber stetig unserem Ziel entgegen. Wir hatten genug Zeit, um die wunderschöne Landschaft zu genießen und auf Fotos festzuhalten. Am Anseilplatz angekommen gab es erst einmal eine kleine Stärkung und alle Teilnehmer legten die Hochtourenausrüstung an. Auf dem mit Schnee bedeckten Gletscher kamen wir sehr unterschiedlich voran. Manche Passagen gingen sehr gut und bei anderen war alle paar Meter jemand bis zum Knie, manchmal auch bis zur Hüfte, eingesunken. Das Gelände wurde langsam steiler, bis wir uns im richtig steilen Gelände befanden. Wir kamen hier langsam, aber stetig voran. Beim Übergang zum Felsgelände, ca. 80 Meter unterhalb des Gipfels der Dreiländerspitze (3197 m), mussten wir jedoch leider feststellen, dass der Fels mit einer Eisschicht bedeckt war. Wir beschlossen schweren Herzens, wieder zur Wiesbadener Hütte zurückzukehren. Aufgrund des steilen Geländes und der eher schlechten Absicherungsmöglichkeiten entschieden wir uns zum Ausbinden der Sicherung bis ins flachere Gelände, um keinen Mannschaftssturz hinzulegen. Beim Erreichen des flacheren Geländes seilten wir uns wieder an und gingen zurück zum Anseilplatz. Hier machten wir kurz Rast und verstauten unsere Hochtourenausrüstung im Rucksack. Auf der Hütte noch nicht richtig angekommen, stand auch schon Martin mit einem breiten Grinsen im Gesicht vor uns und begrüßte uns mit den Worten: „So viel Zeit an einem Stück hatte ich schon lange nicht mehr für mich. Ich habe viel gelesen und einfach nur die Natur genossen.“ Seitdem frage ich mich öfter, ob wir alle in der heutigen, immer schneller werdenden Zeit nicht viel häufiger „einfach nur die Natur genießen“ müssten. Genau in diesem Moment klingelt das Smartphone, und der schnelllebige Geschäftsalltag hat mich wieder. Eigentlich traurig. So ist die Zeit. Umso mehr freue ich mich auf die nächste Bergtour.

Martin Karmann, Florian Ring

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