Heinz Zak mit Multivisionsvortrag auf dem Jubiläums-Edelweißfest
Fotograf und Extremkletterer auf dem Jubiläumsedelweißfest zu Gast. „Mit seiner Kamera…
Donnerstag, 17. März 2016 - Sonntag, 03. April 2016
Wo die Berge den Himmel berühren
17. März 2016. High Noon. Eichstätter Volksfestplatz. Von hier aus beginnt für zwölf DAV-Mitglieder die Reise in eine andere Welt. Man startet zur Umrundung des Annapurnamassivs im fernen Nepal. 135 Kilometer zu Fuß durch den Himalaya. Etwa 5.500 Höhenmeter sind zu bewältigen - durch subtropische Regionen über jahrhundertealte Pfade entlang des Marsyangdi-Flusses bis hinauf zum Thorung-La Pass, der mit über 5.416 m einer der höchsten Gebirgspässe weltweit ist. Gut ein Jahr lang haben Lisbeth und Daniel die Reise geplant und die Gruppe bestmöglich darauf vorbereitet. Dann kann ja nichts schiefgehen – wir haben uns auch nur ein einziges Mal verloren, nämlich auf der A9 auf dem Weg zum Flughafen.
Ins Land von Buddha und Shiva
Nepal ist eines der am höchsten gelegenen Länder der Erde. Im Norden des Binnenstaats zwischen Indien und China befindet sich ein großer Teil des Himalaya-Gebirges, unter anderem der Mount Everest (8.848m) und sieben weitere der zehn höchsten Berge der Welt. Es ist zugleich auch eines der ärmsten Länder, das vor allem nach dem großen Erdbeben im April 2015 darum ringt, seine politische und wirtschaftliche Lage in den Griff zu bekommen. Das Beben mit Epizentrum in der Nähe der Hauptstadt Kathmandu war das schwerste seit 80 Jahren und hat über 8.000 Todesopfer gefordert. Viele Kinder wurden zu Waisen und zahlreiche Kulturstätten sind stark beschädigt oder ganz zerstört. Aus zahlreichen Ländern – auch aus Deutschland – kamen die Rettungstrupps ins Katastrophengebiet. Ganz vorne dabei waren Indien und China. Denn sie wetteifern in Nepal um Macht, Einfluss und vor allem um das Wasser des kleinen Staates.
„Jetzt erst recht!”
Rückblick: Die neue Situation hatte anfangs die Frage aufgeworfen, ob wir dennoch hinfahren sollten. Doch sie war bei unserem ersten Treffen sofort beantwortet: „Jetzt erst recht“. Denn der Tourismus ist die wichtigste Einnahmequelle der Nepalesen und von Nothilfe und Spenden alleine würde das Land nicht auf die Beine kommen. Zumindest diesen kleinen Beitrag wollten wir leisten. Unser Ralf hatte zudem die grandiose Idee, rund 30 Kilogramm Kinder-Outdoorschuhe mitzunehmen. Dafür „spendeten“ die anderen Mitglieder der Reisegruppe ihre Freikilos im Reisegepäck und packten dafür etwas weniger für sich selbst ein. Die Schuhe sollten an die Partner der Nepalhilfe Beilngries gehen, die sich schon seit 26 Jahren für Kinderhilfsprojekte in Nepal engagiert. Die riesigen blauen Seesäcke voller Schuhe führen prompt dazu, dass wir am Flughafen in Kathmandu kontrolliert werden. Die Beamten glauben nicht so recht, dass dies eine Spende sei und vermuten Schmuggelware. Erst nach eingehender Erklärung und Überzeugungsarbeit von Ralf dürfen wir mit unseren Sachen passieren.
Wir starten mit Kultur im zauberhaften Bhaktapur
Unser Reiseleiter Narayan Adhikari erwartet uns schon und mit einem eigenen Bus geht es zum Hotel nach Bhaktapur. Und hier gibt es schon den ersten Eindruck der verrückten Nepal-Metropole. Die Straßen überfüllt, Linksverkehr, keine Ampeln oder Schilder... und nur eine erkennbare Regel: Der mit der lauteren Hupe, oder wahlweise der mit dem größten buntesten Lastwagen, hat Vorfahrt. Zwischen den unzähligen Autos, Bussen und Lastern war aber immer genügend Platz um eine kleine Kolonne Motorroller durchzulassen, teilweise mit drei bis vier Personen darauf. Bhaktapur selbst bietet einen recht angenehmen Einstieg in die Kultur des Landes. Das historische Königsstädtchen mit seinen historischen Bauten liegt sehr ruhig und die engen Gassen laden zum Schlendern und Schauen ein. Narayan führt uns am folgenden Morgen an prächtigen Palästen, Tempeln und Pagoden vorbei. Vor allem die aufwändigen Holzarbeiten an Fenstern und Dächern beeindrucken. Aber überall sind auch die Spuren des Erdbebens zu sehen. Am Nachmittag machen wir uns auf eigene Faust auf den Weg durch die Stadt. Hinter den Hauptstraßen sieht es aus wie nach einem Bombenangriff: Ganze Häuserzeilen sind weg, am Straßenrand haben die Menschen die noch brauchbaren Ziegel fein säuberlich aufgeschichtet, um sie für den Wiederaufbau zu verwenden. Wir gehen an Baustellen vorbei, wo Männer, Frauen und Kinder buddeln, Steine schleppen und Leitungen legen. Dazwischen kleine Tempel vor denen die Leute kleine Opfergaben legen, die dann von den Straßenhunden oder Ziegen gefressen werden. Das ganze Leben scheint draußen statt zu finden. Obst und Gemüsestände drängen sich neben die vielen Souvenirgeschäfte. Lachende Kinder laufen neben uns her und rufen so lange „Hallo, hallo“ bis wir zurückwinken. Insgesamt scheinen alle dennoch gut gelaunt. Auch Fisch und Fleisch werden im Freien angeboten. Und wir erinnern uns, warum dringend empfohlen wurde, beim Trekking lieber auf Fleisch zu verzichten. Hierzu ist anzumerken, dass viele von uns, ob Fleisch oder nicht, mit Magenproblemen zu kämpfen hatten. Und zwar alle außer der Rakshee-Fraktion, die jeden Abend brav Rakshee, den einheimischen, selbstgebrannten Schnaps getrunken hat.
Sogar Busfahren ist ein Abenteuer
Am vierten Tag geht es wieder in den Bus. Über enge Serpentinen fahren wir den Berg hinauf, die Straße ist kaum breit genug, dass unser Bus darauf passt. Dennoch ist es jederzeit möglich, dass der Gegenverkehr – üblicherweise große bunte Laster – dennoch irgendwie vorbeipassen. Und die Roller natürlich. Hupen hilft. Am Nachmittag werden wir Zeugen einer Unfallstelle. Alles steht. Ein Baum ist auf die Straße gekippt und hat einen Strommast mitgerissen. 50 Leute wuseln um die Unfallstelle und versuchen die Straße frei zu räumen. Keiner scheint sich um die freiliegenden und verhedderten Stromkabel zu kümmern. Wahrscheinlich, weil in Nepal so oft der Strom ausfällt, dass diese keine Gefahr darstellen. Oder es ist ihnen einfach egal. Nach einer Stunde, nachdem ein Nepali mit Flaschenzug angekommen war, ist die Straße wieder frei und es geht weiter zu unserer Unterkunft.
Endlich Natur und eindrucksvolle Eisriesen!
Als wir dann am fünften Tag endlich (!) mit der Wanderung beginnen, merkt man wie sehr wir uns auf das Laufen freuen. Nachdem uns Narayan unsere zwei weiteren Guides Chandra Thapa Magar und Prasanna Ale Magar sowie unsere sieben Träger vorgestellt hat, machten wir uns auf den Weg über sandige Pfade, vorbei an Reisterassen und kleinen Dörfern, über die erste von vielen eisernen Hängebrücken durch den Regenwald bis zum Ort Jagat. In der Ferne sehen wir bereits die ersten Ausläufer der Annapurnakette. Da das Gebirge reich an Quarz ist, glitzert der Weg silbern in der Sonne. In den folgenden Tagen begleiten uns diese Eindrücke. Auf relativ einfachen Wegen geht es immer weiter bergauf, entlang des Flusses Marsyangdi der uns hellblau und rauschend im Tal begleitet. Eine der schönsten Passagen ist der Weg durch die Rhododhendron-Wälder. Als meterhohe Bäume wachsen sie in den Himmel – in voller Blüte in Rosa und sattem Rot. In den folgenden Tagen wird die Vegetation karger und die Wälder lichten sich. Auf dem Weg nach Chame (2.670m) können wir tolle Ausblicke auf die Manaslukette, Annapurna 2 und den Lamjung Himal genießen.
Und wer hätte gedacht, dass man in 3.000 m Höhe noch Getreide und Obst anbauen kann? Denn auch wenn die Vegetation immer alpiner wird, in den Dörfern sehen wir Kohl und Gerstenfelder, Apfel- und Pfirsichplantagen. Auch die Gebetsmühlen begleiten uns auf Schritt und Tritt. Denn je höher wir kommen, umso tibetischer wird die Kultur. Meist passieren wir ein Tor oder eine Gompa beim Eingang des Dorfes. Narayan weiß auf jede Frage eine Antwort und Geschichten zu seinem Land. Wir sind hin und her gerissen zwischen den Eindrücken der fremden Kultur und der Aussicht auf die Eisriesen. Für manche von uns wird der Weg sehr anstrengend – teils auch weil Magenkrankheiten die letzten Kräfte rauben. Aber auch hier findet sich ein Weg. Sei es mit Pony oder Jeep, oder eben über eine leichtere Route. Tag für Tag bilden wir drei Gruppen, die in unterschiedlicher Geschwindigkeit gehen. Am zehnten Tag stehen im Örtchen Manang die Akklimatisierung und Ruhe auf dem Programm. Wir besuchen das Kloster von Braga bevor es am folgenden Tag nach Yak Kharka geht. Von dort geht es weiter nach Thorung Pedi, eine relativ leichte Wanderung vor dem Höhepunkt der Reise. Es wird immer kälter. Die Trinkgewohnheiten der Gruppe ändern sich – man nimmt nur noch heißes Wasser und Tee zu sich, während man sich bereits nachmittags in seinen arktischen Schlafsack mümmelt um einigermaßen warm zu bleiben.
Rauf auf 5.400 m: Thorung-La Pass
Am 29. März erwartet uns die Königsetappe der Annapurna-Umrundung: die Überschreitung des 5.416 m hohen Thorung-La-Passes. Es gilt, noch 1.000 Höhenmeter aufzusteigen. Mittlerweile bekommt jeder die Auswirkungen der Höhe zu spüren: Kopfweh, Schwindel, Schlaflosigkeit. Um 4 Uhr heißt es aufstehen, anziehen, packen, alles längst Routine. Noch der Versuch, sich die erforderlichen Kräfte mit einer großen Portion Porridge einzuverleiben und dann geht es um 5 Uhr, kurz vor Sonnenaufgang, im Schein der Stirnlampen los. Der Himmel verfärbt sich langsam rot, während sich unsere Gruppe in sehr langsamem aber konstantem Tempo nach oben bewegt. Die Achttausender wie Gangapurna scheinen nun zum Greifen nah.
Nach rund fünf Stunden haben wir die Passhöhe erreicht. Es gibt Freudentränen, Umarmungen, Gipfelschnaps. Ein wolkenloser Himmel beschert uns ein Traum-Panorama. Der Höhepunkt nach über einer Woche Aufstieg. Geschafft.
Doch bald wird es Zeit, die große Höhe zu verlassen. Die 1.200 Höhenmeter Abstieg bis zum verdienten Mittagessen fordern nochmals alle Kräfte. Die Sonne lässt den Schnee sulzig werden. Rutschgefahr. Im schneebedeckten Abstiegskessel gibt es keinen Schutz vor der Sonne. Die Stunden ziehen sich. Um 3 Uhr nachmittags sehen wir endlich die ersten Häuser. Mittagrast. Zeit sich umzusehen. Wir sind in Mustang gelandet. Karge Steppenlandschaft und natürlich: Pferde. Hirten sitzen im Gras und spinnen. So ist der letzte Weg zu unserem Etappenziel nach Muktinath (3.700 m) sehr kurzweilig. Nachdem sich herumgesprochen hat, dass unser Guide Narayan für den nächsten Tag einen Gepäcktransport per Jeep organisiert hat, findet am Abend eine spontane Party mit unseren Trägern statt. Bei Nepalesischem Gesang, Trommelspiel und Bollywood-Musik aus der Dose wird gemeinsam getrunken und getanzt. Bier und Rakshee helfen bei der interkulturellen Verständigung. Natürlich nur bis um Punkt 10 Uhr. Dann ist in Nepal Nachtruhe. Am nächsten Morgen steigen wir weiter bergab in die mittelalterliche Stadt Kagbeni, die durch ihre verwinkelten Gassen, alten Häuser und die wuchtige Gompa beeindruckt. Nach der Besichtigung des Grenzdorfes zwischen Oberem und Unterem Mustang fahren wir mit dem Jeep weiter nach Jomsom.
Die tiefste Schlucht der Welt, Kaligandaki, können wir bei unserem Flug nach Phokara bewundern. Sie liegt zwischen den zwei Achttausendern Dhaulagiri und Annapurna. Im Tal von Pokhara finden wir uns in einer der schönsten Naturlandschaften Nepals. Hier ist alles wieder grün und subtropisch. Am malerischen Phewasee gelegen ist die Stadt ein krasser Gegensatz zur rauen Bergwelt. Leider ist es die Tage recht diesig und so bleibt uns der Blick auf die Himalayakette verwehrt. Unsere Gruppe nutzt den freien Tag zum Einkaufen, die Altstadt zu erkunden oder zur gemütlichen Wanderung am See.
Zurück in Kathmandu
Die letzten zwei Tage unserer Reise verbringen wir im quirrligen, verrückten Kathmandu. In dem ganzen Trubel scheinen letzten Meter Besichtigungstour manchmal anstrengender als der Weg über die Berge zu sein. Wir besuchen den Hauptplatz der Stadt, den Durbar Square mit seinen alten Tempeln, die durch die kunstvollen Holzschnitzereien beeindrucken. Auch hier sehen wir die teils verheerenden Auswirkungen des Erdbebens. Viele der Gebäude sind beschädigt und werden mit schweren Balken abgestützt. Hohe Pagoden sind mit Bambusgerüsten verkleidet, die Aufbauarbeiten gehen langsam voran. Am Nachmittag besichtigen wir die heiligen Stupas von Swayambunath vor den Toren Kathmandus, wegen der vielen Affen auch „Tempel der Affen” genannt. Aber auch Bodnath, eine der bedeutendsten buddhistischen Pilgerstätten ist sehr beeindruckend, obwohl auch sie Opfer des Bebens geworden ist.
Besuch im Kinderheim
Ein Teil unserer Gruppe nutzt die Gelegenheit, ein Kinderheim zu besuchen, das durch ein privates Hilfsprojekt aus unserem Bekanntenkreis unterstützt wird. Bibi Funyal, der Gründer des Heims, holt uns ab und zeigt uns das Heim, in dem derzeit 16 Kinder untergebracht sind, die in eine benachbarte Schule gehen. Ein zweites Heim befindet sich in Jiri, im Everest-Tal, das aber vom Erdbeben zerstört wurde und sich noch im Wiederaufbau befindet. Dort leben elf Kinder. Eine Schule gibt es dort nicht. Die Kinder sind zwischen 5 und 14 Jahre alt. Viele sind Waisen oder Halbwaisen oder können von ihren Eltern nicht mehr versorgt werden. Die Spendengelder des Projektes Nepal-Hilfe e.V. werden für den Wiederaufbau des Kinderheims in Jiri, für die Miete des Heims für die Schulkinder in Kathmandu, für die Anschaffung von Schuluniformen sowie für lebensnotwendige Dinge des Alltags verwendet. Zweimal am Tag erhalten die Kinder warmes Essen, das in den Heimen gekocht wird. In den kommenden zwei Jahren möchten die Organisatoren die beiden Heime zusammenführen und eine Schule im kleinen Ort Jiri aufbauen. Darüber hinaus möchten sie ein Patenschaftsprogramm beginnen, um die laufenden Kosten für die nächsten Jahre zu decken. Es lohnt sich. Fröhliche, quirlige Kinder freuen sich auf unseren Besuch und unsere Geschenke – Süßigkeiten und Schreibmaterial – und wir uns auf ein gemeinsames Foto.
Die nächste Tour wird schon geplant
Nepal hat uns alle sehr verzaubert. Das Land ist reich an kulturellen Schätzen und atemberaubender Natur. Die Leute freundlich, bärenstark, gut gelaunt und neugierig. Wir haben sie alle ins Herz geschlossen und können nur jedem empfehlen, einmal aufs Dach der Welt zu reisen. Die nächste Tour ist übrigens schon in Planung.
Ein riesiges Dankeschön gilt unseren beiden Organisatoren Lisbeth Lauter und Daniel Seibold, für die gute Vorbereitung und exzellente Planung. Und natürlich für die grandiose Idee, uns alle nach Nepal zu schleppen!
Helfen in Nepal
Wer Interesse an einer Patenschaft hat, kann sich gerne direkt an Reiner Meierbeck von der Nepal-Hilfe e.V. wenden. meierbeck@hotmail.com oder bei unseren Nachbarn in Beilngries anfragen.
Spendenkonto:
Nepal-Hilfe e.V. – Reiner Meierbeck
Bank: Sparkasse Ingolstadt
IBAN: DE29 7215 0000 0053 6342 18
BIC: BYLADEM1ING
Spendenkonto:
Nepalhilfe Beilngries e.V.
Bank: Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte eG
IBAN: DE05 7216 0818 0004 6227 07
BIC: GENODEF1INP
Bericht: Edith Laga, Fotos: Ralf Eiba